Auszüge aus „Lizenz zum Töten – Die Grenzsicherung der DDR“ von Peter Joachim Lapp
Abweichend gängiger Grenzsicherungsmethoden anderer Staaten weltweit, wie die Kontrolle des Imports und Exports sowie des Migrationsgeschehens, galt die gängige Praxis zur Grenzsicherung der DDR der Einsperrung der eigenen Bürger und somit der Bekämpfung der sogenannten Westflucht.
Grenzmauer Mödlareuth
Um diese illegalen Abwanderungen abzuwenden, richtete die SED in der sowjetischen Besatzungszone Ende 1946 eine "Grenzpolizei" ein, die dem "Schutz der Demarkationslinie" galt. Auch weitere Institutionen, wie Polizei, Ministerium des Inneren und Ministerium für Staatssicherheit waren für die Verhinderung der Westausreisen zuständig.
Am 07. Oktober 1949 wurde die DDR von der Sowjetunion gegründet. Infolge der damit einhergehenden gesellschaftlichen Umstrukturierungsprozesse der UdSSR ohne Zustimmung der Mehrheit der DDR-Bürger und den einhergehenden Veränderungen flüchteten bis zu Beginn des Mauerbaus in Berlin im August 1961 bereits 2,5 Millionen Menschen. Dadurch wurde die wirtschaftliche und politische Ordnung des Staates erheblich gestört und gefährdet
Seit der Anordnung im Jahre 1954 existierte offiziell entlang der innerdeutschen Grenze auf DDR-Seite ein Sperrgebiet, dass mit einer 5 Kilometer langen Sperrzone begann. Danach schloss sich der 500 Meter lange Schutzstreifen mit dem 10 Meter langen Kontrollstreifen, auch "Todesstreifen" genannt, an und endete mit dem Grenzzaun. Dahinter folgte eine Freifläche, welche fälschlicherweise oftmals von DDR-Flüchtlingen als Bundesgebiet interpretiert wurde.
Errichtung der Grenzmauer Mödlareuth
Bis Mitte der 1980er Jahre wurde das Sperrgebiet von Grenzsoldaten und Pionieren mit über einer Million sowjetischen Personenminen ausgerüstet, die Verletzungen der mittleren und unteren Körperhälfte zur Folge hatten. Ab 1971 kamen zusätzlich sogenannte Splitterminen aus Metall- und Stahlsplitter hinzu, die die Flüchtigen nun auch töten konnten. Nach Errichtung der Berliner Mauer und der Etablierung der "militärischen" Grenzsicherung stiegen die Todeszahlen enorm. Die Ausbildungsrichtlinien und Dienstvorschriften der NVA-"Grenzpolizisten" legitimierten das Töten von grenzüberschreitenden Flüchtlingen und somit auch den Einsatz von Schusswaffen.
Die Mehrheit der Fluchtversuche erfolgten seit August 1961 am innerdeutschen Grenzverlauf und der Rest, etwa ein Drittel, davon auf Seeweg. Die meisten Flüchtlinge waren männlich im jugendlichen oder im jungen Erwachsenenalter. Die Mehrheit aller Fluchtversuche ereigneten sich an der Grenze zu West-Berlin, sowie in den DDR-Bezirken Magdeburg und Erfurt. Bis etwa 1985 schlugen 85 Prozent aller Versuche der DDR zu entkommen fehl, etwa dreiviertel schon im Landesinneren, in Grenznähe oder im Grenzraum noch vor dem "Schutzstreifen". Bis heute können jedoch noch keine konkreten Aussagen zur genauen Opferzahl getroffen werden.